Tobias Bachmann: Melusine

Gespenster-Krimi (2018) 36
Bastei Verlag, Köln, 25.02.2020
Heftroman, Mystery/Thriller/Psychothriller, keine ISBN, 68 Seiten, 1,90 EUR
Covermotiv: Rudolf Sieber-Lonati

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STORY
Der Journalist und Ghostwriter Peter Langhans erhält den Auftrag, eine Biographie über den Schriftsteller Stephan Angler zu schreiben, die zum zehnjährigen „Jubiläum“ von dessen mysteriösem Verschwinden erscheinen soll. Obwohl Anglers bekannte Bücher Bestseller waren, gilt der Autor als exzentrisch und sein Werk als schwer zugänglich, „ein legitimer Nachfolger Kafkas“. Sehr bald führt die Spur nach Beuringen, wo Langhans erfährt, dass Angler in einem dort ansässigen Kleinstverlag ein neues Buch drucken lassen wollte. „Die doppelschwänzige Nixe“, laut dem Verleger ein rohes und abstruses Werk voller autobiografischer Enthüllungen, sollte jedoch auf Anglers nachdrückliche Intervention doch nicht erscheinen. Es blieb bei vier Probedrucken, von denen eines bereits aus dem Haus des Verlegers gestohlen wurde. Die Verfolgung der anderen Exemplare zeichnet ein immer bedrohlicher werdendes Bild. Zwei weitere Drucke der „Nixe“ wurden Opfer von Bränden; ein Zufall scheint kaum möglich zu sein.
Anglers Frau, Melusine König, bringt mit ihrer Beschreibung von Angler als manisch-depressivem Charakter, ein wenig Licht in die verworrene Angelegenheit. Offenbar war der mysteriöse Autor auch überzeugt von einer allumfassenden Dualität der Dinge, die die doppelschwänzige Nixe symbolisiert. Langhans ist einen Schritt weiter, doch gleichzeitig werden die offenen Fragen immer drängender und schon längst ist der Biograph ein unfreiwilliger Teil der Ereignisse.

MEINUNG
Mit „Melusine“ liegt ein sehr ungewöhnlicher Gespenster-Krimi vor, der einmal nicht das normale Muster der Reihe bedient, nämlich einen Krimi der dann irgendwie, mehr oder weniger subtil, ins Phantastische führt. Tatsächlich finden sich in dem Roman überhaupt keine übernatürlichen Elemente. Viel mehr schrammt „Melusine“ an der Grenze von Psycho-Thriller und Horror.

Tobias Bachmann steigt sofort in die Handlung ein; Peter Langhans ist bereits auf der Suche nach Informationen über den verschwundenen Peter Angler, der zwar als Bestsellerautor der breiten Masse bekannt, doch auch von einem rätselhaften Flair umgeben ist. Seine öffentlichen Auftritte und Lesungen erinnern an Enfant terrible Klaus Kinski, im kleinen Kreis scheint er dagegen zugänglich und zuvorkommend gewesen zu sein. Etwas, das mit der Auflösung des Romans Sinn ergibt.

Straff spannt Bachmann den Spannungsfaden, verfolgt den Protagonisten bei seiner Suche und lässt ihn zur rechten Zeit Brotkrumen finden, die ihn auf seinem Weg weiterleiten. Dazu kommt eine dauerhaft mysteriöse Atmosphäre, z.B. die gedrängten, mittelalterlichen Gassen Beuringens, und das Gefühl, dass Langhans‘ Pfad unweigerlich in die Dunkelheit führt. Dies und auch die auflösende Pointe der Geschichte sind von einer Art und einem Kaliber, für das ansonsten Jean-Christoph Grangé verantwortlich zeichnet. Fans von Michael Siefener werden ebenfalls ihre Freude haben.
Der Handlungsort Beuringen verweist auf die Originalveröffentlichung der Geschichte in Jörg Kleudgens Goblin Press unter dem Titel „Ein wahrhaft seltener Privatdruck“. Auch in anderen Goblin Press-Bänden kommt das fiktive Städtchen vor.

Wie meist ist das Covermotiv aus dem Lonati-Archiv sehr stimmungsvoll geraten, hat aber mit dem Inhalt nichts zu tun.

FAZIT
Herausragender Mystery-Psycho-Thriller in knackiger Novellenlänge.

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